In Baumarkt und Gartencenter wird aufkommende Frühlingsenergie kanalisiert – nach Monaten des Stillstandes und dem Abschmelzen der Resilienzen, wollen die Menschen wieder Tatkraft spüren, anpacken, reparieren und erschaffen. Baumarkt und Gartencenter bieten entsprechendes Rüstzeug und sind damit Quellen der ersehnten Selbstwirksamkeit. Das ergab eine Studie im Auftrag des BHB (Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten e.V.).
Der Garten als Ort der Seelenhygiene und das Gartencenter als Möglichmacher
„Gerade den eigenen Garten haben die Menschen im Lockdown als heilendes Refugium empfunden, in dem sie gegen ihre Ohnmacht anpflanzen konnten“, sagt Studienleiter Paul Bremer. Außerdem ist es der Ort, an dem sich Stress und angestaute Aggression am besten verflüchtigen. Die Vorstellung, diesen Ort der Seelenhygiene im Frühjahr nicht ausreichend mit Erde und Dünger versorgen zu können, habe bei den Probanden Sorge und Ärger ausgelöst.
Der Baumarkt wiederum ist seelischer Ausrüster. Dort können sich die Menschen mit Werkzeug für alle Lebenslagen wappnen. Mit deren Hilfe stellen sie Projekte auf die Beine, die sie am Ende mächtig stolz machen können. Auch hier formulierten die Menschen in Tiefeninterviews das Bedürfnis, sich mit allem Notwendigen zeitnah „ausrüsten“ zu können, um dem Verfall des eigenen Umfeldes immer entgegentreten zu können. „Die Reparatur von Schäden in ihrem Zuhause wird als systemrelevant beschrieben, genauso wie ein Lebensmittelgeschäft“, sagt Bremer.
„Heimwerkerausrüstung ist Menschenrecht“
Zum Teil hätten die Probanden das in drastischen Zitaten formuliert („Heimwerkerausrüstung ist doch Menschenrecht. Ich bin doch kein Tier, was vom Supermarkt nur gefüttert werden muss“). Das stillgelegte Leben im Lockdown hielten die meisten Menschen nur aus, indem sie tätig würden. Viele harmlose Freuden des ersten Lockdowns – Puzzeln, Kochen, Brettspiele – seien aber mittlerweile fade geworden.
Quälende Gefühle des Lebenszeitverlustes machen sich breit. Dagegen helfen besonders Betätigungen, die als selbstwirksam und sinnvoll empfunden werden und den Menschen ein Stück Perspektive zurückgeben. So sei man zum Beispiel im Garten noch Herrscher über die Natur oder könne durch Umbauten im eigenen Heim die eigene Zukunft mitgestalten. Die Menschen machten sich regelrecht auf die Suche nach Seelennahrung, so der Psychologe. „Die psychische Entlastung durch Werkeln und Pflanzen kann Betriebsamkeit von öffentlichen Plätzen hin ins eigene Zuhause verlagern.“
Paul Bremer studierte Psychologie in Lissabon, Warschau und Hamburg sowie morphologische Medienpsychologie in Berlin. Nach einer 3jährigen Ausbildung zum Analytischen Intensivberater arbeitet er seit 2016 beim rheingold Institut. Seine Schwerpunkte als Forscher liegen in der internationalen Forschung, dem Handels- und Getränkebereich sowie in der Politikberatung. Jetzt ist er Mitglied der Geschäftsleitung als Sales and Insights Director
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