„Bald zeigt sich: Wir sind nicht alle gleich“

Coronavirus Handelsblatt Interview

Corona als Gleichmacher, das ist vorbei, findet der Chef des rheingold Instituts Stephan Grünewald im Interview mit dem Handelsblatt. Nun rivalisieren Bundesländer, Branchen und Bürger wieder.

Das Interview mit Stephan Grünewald erschien am 23. April 2020 im Handelsblatt.

In diesen Tagen ist Stephan Grünewald schwer zu erreichen. Der Psychologe und Chef des Forschungsinstituts Rheingold sitzt im Expertenrat der NRW-Landesregierung zur Coronakrise. Die Lage ändert sich täglich. Im Rat hat der Bestsellerautor („Wie tickt Deutschland?“) nach eigener Aussage auf die wachsende Gefahr eines seelischen Alltagskollapses und einer erneuten sozialen Polarisierung hingewiesen.

Herr Grünewald, Sie haben oft kritisiert, dass Deutschland keinen Masterplan und keine Vision habe. Nun müssen wir zwangsläufig ein Konzept gegen Corona und für ein neues Wirtschaftswunder entwickeln – eine unerwartete Chance?

Das ist eine Negativvision. Wir wollen gemeinsam eine große Gefahr abwehren. Diese Haltung wird aber bröckeln.

Es bieten sich derzeit zwei Politiker mit unterschiedlichen Plänen an: Armin Laschet, in dessen Expertenrat Sie sitzen, und Markus Söder.

In unseren Studien zu Corona erleben wir tatsächlich eine Zweiteilung. Die einen wollen eine Variante „Söder plus“, einen „Führer“ – jemanden, der noch durchsetzungsstärker ist und noch klarer durchregiert. Der Patentrezepte anbietet. Die anderen sagen, der Lockdown grenze an Freiheitsberaubung. Man bräuchte einen offeneren, laxeren Umgang. Das müsse jeder selbst verantworten – so wie in Schweden. Laschet ist der Typus des moderierenden, abwägenden Politikers, der Bürger mitnimmt und alle Risiken einbezieht.

Uns was ist mit Angela Merkel? Sie galt schon früher in Ihren Umfragen als “fürsorglich” und “beruhigend”.

Sie hat diesen Vertrauensbonus und fungiert wieder als nationaler Schutzengel, so wie in der Flüchtlingskrise. Es werden sich bald aber wieder Oppositionen herausschälen. Höchstwahrscheinlich wird die AfD die „Söder-plus“-Position besetzen, mit dem Virus als neuem Feindbild. Die FDP wird für mehr Eigenverantwortung und Lockerung eintreten. Beide werden Leute hinter sich bringen.

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Das Interview führte Hans-Jürgen Jakobs.

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