Zwischen „Schöner Leben“ und „Überleben“ – Wie sich Krisen im Einkaufswagen zeigen

Konsumstudie Unilever rheingold

Krisen prägen den Alltag – und den Einkaufswagen. Eine aktuelle tiefenpsychologische Studie des Kölner rheingold Instituts im Auftrag von Unilever zeigt, wie sich Konsumverhalten in unsicheren Zeiten verändert. Zwischen Sparsamkeit und Genussmomenten, Vorratskäufen und kleinen Luxusprodukten bewegt sich der Einkauf im Spannungsfeld von „Überleben“ und „Schöner Leben“.

Die Untersuchung zeigt, dass der Rückzug in das private „Schneckenhaus“ eine von 93 % der Befragten präferierte Bewältigungsstrategie ist, wenn Unsicherheit zunimmt. Dabei bekennen 65 % der Befragten, dass die gesellschaftlichen Herausforderungen oft zu viel für sie sind. In solch schwierigen Zeiten kommt Marken eine neue, stabilisierende Rolle zu.

Zur Aufzeichnung der Präsentation der Studie

Diese Lösungsstrategien verfolgen die Menschen

Bewältigungsstrategien in diesen unsicheren Zeiten gibt es viele, auch das zeigt die Studie. Sie entstehen unbewusst, um den Alltag erlebbar zu gestalten​. Dabei können mehrere Strategien von derselben Person angewendet werden. Diese sechs Lösungsstrategien konnten identifiziert werden:

  • Besinnungslose Betriebsamkeit​ – 43% der Befragten
  • Untergangsdramatisierung​ – 44% der Befragten
  • Mediale Vorwärts-Verteidigung​ – 50% der Befragten
  • Fokussierung auf Hobby und Freizeit​ – 86% der Befragten
  • Ordnungsversuche ​im Kleinen​ – 83% der Befragten
  • Rückzug ins Private​ und Verdrängung – 93% der Befragten

Der Supermarkt als Schutzraum

Für viele Menschen ist der Gang in den Supermarkt mehr als eine bloße Besorgung – er dient der Selbstvergewisserung. Während die Welt draußen unsicher erscheint, vermittelt das volle Regal Stabilität: Es gibt noch alles, und man kann noch wählen. Vor allem Singles und ältere Menschen verbringen mehr Zeit beim Einkaufen als vor den Krisen, da es für sie auch eine willkommene Ablenkung und eine Form von gesellschaftlicher Teilhabe ist. Dabei verspüren 81 % der Befragten beim Einkauf ein Gefühl von Freiheit und Selbstwirksamkeit, da sie sich bewusst entscheiden können.

Sparsamkeit trifft auf Genussmomente

Der Einkauf ist ein Balanceakt: Einerseits achten Konsumenten verstärkt auf Preise, steigen auf Eigenmarken um, sammeln Coupons und nutzen Sonderangebote. Andererseits bleibt das Bedürfnis, sich hin und wieder etwas zu gönnen – sei es eine besondere Schokolade, ein Premium-Kaffee oder ein hochwertiges Pflegeprodukt. Diese kleinen Luxusmomente dienen als bewusste Belohnung und Stärkung in schwierigen Zeiten. 59 % der Befragten genießen den Einkauf, um sich etwas Gutes zu tun, was zu einer positiven emotionalen Verstärkung ihres Verhaltens beiträgt.

Produkte mit neuer psychologischer Bedeutung

Die Krise verändert, wie Menschen Produkte wahrnehmen und nutzen:

  • Hautcremes wie Nivea oder Dove dienen nicht mehr nur der Pflege, sondern werden als Schutzschicht gegen die Härte des Alltags empfunden. Insbesondere Marken, die Konsumenten seit Langem vertraut sind, bieten für 77 % ein Gefühl von Sicherheit und Vertrautheit, was sie besonders in Krisenzeiten zu einem emotionalen Anker macht.
  • Deodorants dienen im doppelten Sinne dem Selbstschutz. Angesichts des aufgeheizten gesellschaftlichen Klimas kommt man häufiger ins Schwitzen – oder fürchtet, selbst aggressiv und stinkig zu werden. Mit dem Deo umgibt man sich selbst mit einem Duftkokon, der den Charakter und die Aura einer transportablen Wohlfühloase hat.
  • Eiscreme wird zum Trostspender. Verbraucher berichten fast schwärmerisch, wie das Knacken der Magnum-Schokoladenschicht das Gefühl gibt, Widerstände zu brechen. Das Gefühl, den richtigen Biss zu haben, geht dann über in ein oraldramaturgisches Verschmelzungserleben. Mit dem Eis lösen sich für einen Moment auch viele Probleme auf, und man versinkt für kurze Zeit in einem süßen Nirwana. Diese kurze Flucht vor der Wirklichkeit lässt sich als Ess-Kapismus beschreiben.
  • Fix-Produkte und Reinigungsmittel vermitteln das Gefühl, mit kleinen Handlungen Ordnung und Kontrolle zurückzugewinnen. Eine Tütensuppe, die sich mit heißem Wasser in eine Mahlzeit verwandelt, verspricht fast magische Problemlösung. Diese Verwandlungs-Magie wünschen sich viele auch in anderen Bereichen der Wirklichkeit, in denen man oft im Problemstau festzustecken scheint. Oft genannt und genutzt wird dann ein Reiniger wie Meister Proper. Mit seiner schnellen Verwandlungskraft will man zumindest im privaten Schneckenhaus glänzende Ergebnisse erzielen.

Einkauf als Statussymbol und soziale Erfahrung

Der Einkauf dient nicht nur der Versorgung, sondern auch als Ausdruck von Status und Lebensgefühl. Wer sich bestimmte Marken oder den Gang zu Edeka oder Rewe leistet, signalisiert sich selbst und anderen: „Ich kann es mir noch erlauben.“ Gleichzeitig wird der Supermarkt zum Ort sozialer Begegnung – im Gegensatz zur polarisierten Welt draußen erlebt man hier oft ein Gefühl von Gemeinschaft. Diese Rolle von Marken als soziale Brückenbauer wird durch das Unternehmensengagement gestärkt: 89 % der Befragten sehen es gerne, wenn Unternehmen gemeinnützige Projekte fördern, obwohl dies nicht als reine PR wahrgenommen werden sollte.

Marken als Brückenbauer zwischen Beständigkeit und Fortschritt

In einer brüchigen Welt erachten Verbraucher die Beständigkeit der Marken als beruhigend, während gleichzeitig Fortschritt durch Innovationen angestrebt wird. Stefan Pfeifer, Geschäftsführer von Unilever Deutschland, betont, dass Marken Brückenbauer sind, die Beständigkeit und Fortschritt vereinen. Während 77 % Sicherheit durch vertraute Marken fühlen, müssen Unternehmen ihre Innovationskraft nutzen, um den wandelnden Bedürfnissen gerecht zu werden. Unilever investiert konstant in Forschung, um die Bedürfnisse der Konsumenten zu verstehen und voranzutreiben. Mit über 20.000 Patenten weltweit demonstriert das Unternehmen seine anhaltende Innovationskraft.

Fazit: Marken müssen sich auf die neue Realität einstellen

Die Studie zeigt, dass Menschen auch in unsicheren Zeiten Wege finden, sich etwas zu gönnen und sich durch gezielte Einkaufsentscheidungen zu stabilisieren.

An Marken werden aus dieser Logik heraus im Kern drei Anforderungen gestellt:

  • Sie sollen für Nachhaltigkeit Verantwortung übernehmen und den Verbraucher von der Komplexität des Themas entlasten
  • Sie sollen die dringend benötigten Genussmomente legitimieren
  • Sie sollen Verbundenheit stiften und nicht mit gesellschaftlichen Triggerthemen polarisieren

Für Marken und Hersteller bedeutet das: Sie müssen verstehen, wie sich Funktion und Wirkung ihres Angebots für die Menschen verändert haben und welche neuen Potenziale es zu heben gilt. Wer sich darauf einstellt, kann nicht nur erfolgreich bleiben, sondern auch ein wichtiger Mutmacher im Alltag der Menschen werden. Durch Konsistenz, die vereint mit Innovation und authentischem Engagement dargeboten wird, können Marken in der Rolle als Brückenbauer und Stabilitätsanker weiterhin Bestand haben.

Zur Methode und Stichprobe der Studie

Unilever hat mit dem rheingold Institut Ende 2024 / Anfang 2025 eine Studie zur (Konsum-) Stimmung in Deutschland durchgeführt. Dabei wurde der Frage nachgegangen, was das Konsumverhalten über die Gesellschaft verrät.

Die Studie umfasst sowohl einen repräsentativen quantitativen als auch einen qualitativen Teil.  Die quantitative Befragung wurde mit 1.015 Teilnehmenden in einem Online-Panel durchgeführt.

Befragt wurden in Deutschland wohnhafte Frauen und Männer zwischen 25 – 65 Jahren, die mind. zu 50 Prozent einkaufsverantwortlich sind.​ Berücksichtigt wurde eine gleichmäßige Verteilung von Bildungsabschlüssen, Haushaltsnettoeinkommen und Lebenssituation (Single, Partnerschaft ohne Kinder, Partnerschaft mit Kindern) unter den Befragten.

In der qualitativen Befragung wurden 30 Teilnehmende – zu gleichen Anteilen Männer und Frauen – ebenfalls wohnhaft in Deutschland, zwischen 25 und 65 Jahren befragt. 

Ähnliche Beiträge