Warum junge Frauen vor Führungspositionen zurückschrecken

Ein Interview mit der Psychologin und rheingold “Gender&Generation” Leiterin Birgit Langebartels über die Bedürfnisse junger Frauen und die Realität in Unternehmen.

Warum finden viele Unternehmen nicht genug Frauen, die Führungspositionen wahrnehmen wollen?

Tatsächlich hören wir von vielen Unternehmen, dass gerade die jungen Frauen vor Spitzenpositionen zurückschrecken, sich scheuen, den letzten Schritt zu wagen. Dies hat oft mit einer Diskrepanz von Anspruch und Wirklichkeit zu tun. Denn auch wenn Unternehmen sich Gleichbehandlung auf die Fahnen schreiben, sind oft die Strukturen noch unmodern und männlich geprägt.

Wie drückt sich das aus?

Gerade in den oberen Führungspositionen herrscht oft noch männliche Ellenbogenlogik, vielfach wird sie auch explizit erwartet. Auch zum Beispiel in der Haltung zum Gendern offenbart sich oft altes Denken. Gerade junge Frauen reagieren darauf zunehmend allergisch und haben einen Wunsch nach mehr Miteinander.

Miteinander in welcher Hinsicht?

Da geht es natürlich um gute Kommunikation, um Kollegialität. Viel wichtiger aber darüber hinaus hybrides und agiles Arbeiten jenseits von Dienstwegen und Hierarchie. Augenhöhe hat bei den jungen Frauen eine viel tiefere und umfassendere Bedeutung als sie männliche Chefs oft interpretieren. Nicht wenige demonstrieren ihre vermeintliche Frauenfreundlichkeit durch demonstrative Galanterie oder Beschützerinstinkte. Das ist vielleicht gut gemeint, kommt aber bei den jungen Frauen immer schlechter an.

Wie sieht das bei jungen Müttern aus?

Hier verschärft sich das Problem. Früher waren die „Working Mums“ sehr leidensfähig und haben sich bis zur Selbstaufgabe an die Bedürfnisse männlich geprägter Strukturen angepasst. Junge Frauen wollen das nicht mehr. In unserem eigenen Forschungsbereich „Gender&Generation“ können wir diese Veränderungen in zahlreichen Studien sehr gut nachzeichnen. Sie sind schon selbst meist mit berufstätigen Müttern aufgewachsen und sind auf eine ganz andere Weise sozialisiert. Gleichberechtigung ist für sie selbstverständlich, sie wollen ein Arbeitsleben, das mit ihrer Mutter-Rolle, ihrer Freizeit und ihrer Partnerschaft kompatibel ist. Und mit diesem Mindset treffen sie in Unternehmen oft noch auf sehr alte und verkrustete Strukturen. Das stößt junge Frauen ab. Da wird mittlerweile eine Flexibilität gefordert, bei der sich Unternehmen in ganz neue Richtungen bewegen müssen.

Wie können Unternehmen da auch sichtbar punkten?

Am besten funktioniert das, indem das Unternehmen weibliche Führungspersönlichkeiten in der Öffentlichkeit zeigt. Solche Entwicklungsvorbilder wirken auf junge Frauen sehr attraktiv.

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